Forvis Mazars und Winheller führen Kanzleien-Arbeitgeber-Ranking mit je 95,3 Punkten an

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November 20, 2025
20.11.2025
4 Minuten Lesezeit

SWI Human Resources zeichnet 65 Kanzleien aus: während 69 Prozent KI als Lösung gegen Fachkräftemangel sehen, nutzt nur jede siebte Diversität zur Talentgewinnung trotz 23 Prozent Gender Pay Gap.

Forvis Mazars und Frankfurter Boutique punkten mit Flexibilität

Die Hamburger Unternehmensberatung SWI Human Resources zeichnete 65 Kanzleien als beste Arbeitgeber aus. An der Spitze: Forvis Mazars und die Frankfurter Kanzlei Winheller mit identischen 95,3 von 100 Punkten. Watson Farley & Williams folgt auf Rang drei mit 92,9 Punkten. Für die Auszeichnung waren mindestens 70 Punkte erforderlich. Die Erhebung umfasste über 300 Teilnehmer und untersuchte Führungskultur, Familienfreundlichkeit sowie Zusatzleistungen. Forvis Mazars beschäftigt in Deutschland rund 2700 Mitarbeiter, darunter über 100 Rechtsanwälte. Laut Lünendonk rangiert die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit 334 Millionen Euro Umsatz auf Platz acht der hiesigen Prüfer.

Lorenz Rogall, Personalleiter bei Forvis Mazars, betont Kulturaspekte: "Karrierechancen und Unternehmenskultur sind entscheidender als Benefits. Wir müssen uns stetig verbessern, um für Beschäftigte und Kandidaten an Attraktivität zuzulegen." Die Bewerberzahl verzehnfachte sich binnen fünf Jahren. Das Unternehmen vermeidet starre Regelungen zu Homeoffice und Überstunden. Rogall: "Wir gewähren unseren Teams möglichst weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten." Zudem respektiere man private Situationen: "Zwischen Partnern und Mitarbeitern herrscht ein vertrauensvoller Umgang. Ist eine private Situation ernst, wissen Partner daher darüber in der Regel Bescheid und finden gemeinsam mit dem Mitarbeiter eine Lösung, um Privates und Arbeit miteinander in Einklang zu bringen."

Fachkräftemangel weniger dramatisch als in anderen Branchen

57 Prozent der Befragten glauben nicht an negative Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die eigene Entwicklung. Nur 17 Prozent sehen das Gegenteil. Johannes Higle, Studienleiter bei SWI Human Resources: "Im Vergleich scheinen die Auswirkungen des Fachkräftemangel bei Rechtsanwaltskanzleien etwas weniger dramatisch eingeschätzt zu werden." Bei Benefits fühlen sich viele gut aufgestellt – nur 57 Prozent wollen nachbessern. Higle: "Die Kanzleien haben oft bereits ein breiteres Spektrum an Benefits für ihre Zielgruppe und sehen eine Erweiterung daher wahrscheinlich als weniger notwendig an."

Künstliche Intelligenz als demografische Lösung

69 Prozent bewerten KI als hochrelevant für die Zukunftsfähigkeit. Nur 18 Prozent sehen große Implementierungs-Herausforderungen. Higle: "Dies deutet darauf hin, dass Kanzleien bei der Integration von KI bereits weiter sind als andere Branchen."

Rogall von Forvis Mazars: "KI kann womöglich Arbeiten von vielen übernehmen, die mit den geburtenstarken Jahrgängen demnächst in Rente gehen. Aber darüber hinaus müssen wir eine Kultur im Unternehmen schaffen, die eine Bereitschaft für den dauerhaften Umgang mit KI fördert." Das Unternehmen schult zunächst Führungskräfte in Workshops, Mitarbeiter-Lernkonzepte folgen. Fokus liegt nicht auf simplen Anwendungen wie Textzusammenfassungen, sondern auf umfassenden Arbeitsfeldern mit Transformationspotenzial.

Winheller erreicht über 50 Prozent Frauenquote durch Flexibilität

Partnerin Irina Winheller hebt Vertrauenskultur hervor: "Bei uns gibt es keine Ellenbogenmentalität." Flache Hierarchien ermöglichen frühe Verantwortung: "Mitarbeitende können sich ab dem ersten Tag aktiv einbringen, haben direkten Mandantenkontakt und übernehmen echte Verantwortung." Die Arbeitsorganisation verzichtet auf Rechtfertigungszwang: "Wer morgens die Kinder zur Schule bringt, mittags mit dem Hund durch den Park läuft oder bei gutem Wetter spontan mit den Kindern ins Schwimmbad geht oder Workation im Ausland macht, muss sich bei uns nicht rechtfertigen." Von 75 Beschäftigten kommen etwa 25 regelmäßig ins Büro. Der Erfolg zeigt sich in der Geschlechterverteilung: Während die Bundesrechtsanwaltskammer 37 Prozent Frauenanteil in der Anwaltschaft dokumentiert, beschäftigt Winheller über 50 Prozent Frauen. Winheller: "Wir setzen auf flexible Arbeitsmodelle und mobiles Arbeiten. Daher ist es kein Zufall, dass wir mehr Frauen als Männer beschäftigen."

Diversität bleibt ungenutztes Rekrutierungs-Instrument

Nur jede siebte Kanzlei nutzt Gleichberechtigung und Diversität zur Fachkräftegewinnung – trotz erheblichen Nachholbedarfs. Die Bundesrechtsanwaltskammer dokumentiert 23 Prozent Lohnlücke zwischen Vollzeit arbeitenden angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten. Angestellte Anwältinnen arbeiten faktisch rund 85 Tage umsonst.