Nur jedes 33. Unternehmen definiert messbare Ziele für Naturpositivität, während 93 Prozent behaupten, über Naturthemen zu berichten.
Das EY Global Nature Action Barometer analysierte 435 Unternehmen und offenbart eine erschreckende Diskrepanz: Fast alle publizieren irgendwelche naturbezogenen Angaben, doch nur 26 Prozent orientieren sich an den TNFD-Empfehlungen (Taskforce on Nature-related Financial Disclosures). Lediglich 13 Prozent erstellen einen separaten TNFD-Bericht oder Index. Die ernüchternde Kernzahl: Nur 3 Prozent verfolgen Ziele mit positiver Naturwirkung. Unternehmen richten zwar Lenkungsausschüsse ein – 87 Prozent berichten über Governance-Strukturen – doch operative Konsequenzen bleiben aus. Aaron Neuville, Partner Climate & Decarbonization bei EY, und Sebastian Farin, Director EY-Parthenon, vermuten strategisches Kalkül hinter der Zurückhaltung: Unternehmen fürchten Rechtsstreitigkeiten bei Zielverfehlung oder wollen keine sensiblen Wettbewerbsinformationen preisgeben. Die Folge: Risiken bleiben verborgen, Resilienz erodiert, Transformationschancen werden verschenkt.
Bei den vier TNFD-Säulen (Governance, Strategie, Risiko- und Auswirkungsmanagement, Kennzahlen und Ziele) versagt die Berichterstattung bei Kennzahlen: Nur 22 Prozent folgen TNFD-Empfehlungen, obwohl 76 Prozent behaupten, Kennzahlen einzubeziehen. Datenzugriffsprobleme, divergierende Bewertungsansätze und unklare finanzielle Materialität blockieren präzise Offenlegung. Sektoral führen Konsumgüter (33 Prozent) und Extraktive/Mineralienverarbeitung (32 Prozent): Branchen mit direkter Naturabhängigkeit. Der Rest hinkt dramatisch hinterher. Einzelne Ausnahmen wie The Home Depot (wasserpositive Betriebsabläufe) oder Nestlé Waters (regenerative Landnutzung) zeigen, dass ambitionierte Strategien möglich sind. Doch ohne standardisierte Offenlegung bleiben Investor:innen im Dunkeln über tatsächliche Fortschritte.
EY empfiehlt fünf konkrete Schritte: Auswirkungen und Abhängigkeiten entlang der Wertschöpfungskette verstehen, Kapazitäten für Risiko-Monitoring aufbauen, Offenlegungsqualität steigern (unvollständige Angaben schlagen Schweigen), Stakeholder für bessere Daten einbinden, regulatorische Entwicklungen verfolgen. Der Appell: Unvollständige Transparenz ist besser als Perfektionismus-Paralyse. Denn ohne TNFD-konforme Berichterstattung bleibt der Biodiversitätsverlust – untrennbar mit der Klimakrise verbunden – ungebremst. Unternehmen, die jetzt nicht handeln, riskieren nicht nur regulatorische Nachteile, sondern gefährden ihre langfristige Geschäftsfähigkeit in einer naturabhängigen Wirtschaft.





