Das börsennotierte Wohnungsprivatisierungs-Unternehmen Accentro Real Estate AG restrukturiert Anleihen über qualifizierten Nachrang und Super-Senior-Emission. Das Amtsgericht Charlottenburg bestätigt die neuartige Struktur mit Altaktionärs-Beteiligung trotz Kapitalherabsetzung.
Der börsennotierte Marktführer der deutschen Wohnungsprivatisierung hat eine außergewöhnliche Sanierung durchlaufen: Accentro Real Estate AG nutzt das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) auf bisher nicht dagewesene Weise. Anders als bei allen vorherigen deutschen StaRUG-Verfahren vermied die Gesellschaft einen kompletten Kapitalschnitt – Altaktionäre behalten minimale Beteiligungen. Latham & Watkins strukturierte die komplexe Transaktion, die zwei bestehende Anleihen fundamental umbaute. Das Amtsgericht Charlottenburg validierte die Konstruktion.
Eine Ad-hoc-Gruppe von Anleihegläubigern mit Mehrheitskontrolle verhandelte die Konditionen und stellte gleichzeitig neue Liquidität bereit. Die Gruppe hatte bereits in den Vormonaten über Überbrückungsanleihen kurzfristige Mittel zur Verfügung gestellt – diese werden nun durch eine Super-Senior-Anleihe refinanziert. Die Verbindlichkeiten-Hierarchie wurde radikal neu geordnet: Vorrangige Schulden schrumpften substanziell, während ein großer Teil in qualifizierten Nachrang wanderte. Diese Konstruktion entlastet die operative Geschäftstätigkeit erheblich.
Die rechtliche Innovation: Eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechte für Bestandsaktionäre wurde durchgesetzt, obwohl diese normalerweise zustimmen müssten. Das Restrukturierungsgericht substituierte die fehlende Zustimmung durch richterlichen Beschluss – ein rechtlich heikler, aber vom StaRUG ermöglichter Mechanismus. Zusätzlich wurde der gesamte Aufsichtsrat entfernt und durch ein neues Gremium ersetzt. Die Transaktion etabliert damit einen Präzedenzfall: StaRUG-Verfahren müssen börsennotierte Altaktionäre nicht zwingend vollständig eliminieren. Für künftige Sanierungen könnte diese Flexibilität relevant werden, wenn Unternehmen politische oder strategische Gründe sehen, symbolische Altaktionärs-Beteiligungen zu erhalten – auch wenn deren wirtschaftliche Substanz minimal bleibt.





