Oliver John von EY sieht Editor-Rolle statt Autor-Funktion als neue Normalität – Europe-West-Copilot-Studie belegt Mehrwert bereits bei minimaler Nutzung, Zertifizierungspfade von Microsoft bis Google Cloud verfügbar.
Oliver John, der bei EY Deutschland das KI-bezogene Weiterbildungsportfolio verantwortet, widerspricht der Annahme, Berufseinsteiger ohne IT-Background bräuchten erst Coding-Skills für KI-Nutzung. Seine Empfehlung: Einfach anfangen und Tools wie ChatGPT im Alltag testen – für Gedankenstrukturierung, Texterstellung oder Recherchen. Kostenlose Ressourcen von YouTube bis zu interaktiven Übungsplattformen ermöglichen Selbstlernen. Essentiell sei Grundverständnis: Wie funktioniert generative KI, welche Outputs entstehen wie, wo liegen Risiken, was macht gute Prompts aus. Die Hauptqualifikation? Neugier und Bereitschaft zum Experimentieren. John betont: Die Technologie entwickelt sich so schnell, dass heutige Limitationen morgen verschwinden können – kontinuierliches Dranbleiben sei wichtiger als perfekter Einstieg.
Der EY-Manager diagnostiziert Rollenwandel: Professionals werden weniger Content-Creator, mehr Content-Curator. KI generiert Entwürfe, Menschen bewerten, korrigieren und verantworten. Dies verschiebt notwendige Fähigkeiten. Kritisches Denken wird zentral: Generative KI produziert sprachlich überzeugende Outputs, die faktisch oder stilistisch falsch sein können. Menschen müssen einschätzen, ob Formulierungen zum Kontext, zur Zielgruppe und zur Situation passen – eine Kompetenz, die KI nicht ersetzen kann. Parallel bleiben interpersonelle Fähigkeiten unverzichtbar. Business-Mehrwerte entstehen oft in direkter Interaktion – Workshops, Verhandlungen, strategische Diskussionen. KI kann Vor- und Nachbereitung optimieren, aber vertrauensvolle Atmosphären schaffen, präzise Fragen stellen und Insights aus Menschen extrahieren bleibt menschliche Domäne, so John.
EY investierte global massiv in KI-Infrastruktur und koordiniert Implementation über IT, Fachbereiche und HR gemeinsam. Eine interne Pilotstudie zu Microsoft 365 Copilot in der Europe-West-Region testete das Tool systematisch: Probanden erledigten identische Aufgaben einmal mit, einmal ohne KI-Unterstützung. Das Ergebnis überraschte durch niedrige Nutzungsschwelle: Bereits wenige wöchentliche Interaktionen generierten positiven ROI. Dieser resultiert nicht nur aus Zeitgewinnen, sondern auch aus Qualitätssteigerungen – präzisere Meeting-Protokolle, klarere Formulierungen – plus kreative Impulse durch KI-Vorschläge.
Das globale KI-Trainingsangebot bei EY umfasst Dutzende Module, die John und Team für verschiedene Wissens- und Aufgabenlevel kuratieren. Die Bandbreite reicht von Einstiegs-eLearnings über EY-spezifische Governance-Regeln über virtuelle Prompt-Engineering-Sessions bis zu Präsenz-Workshops für Use-Case-Entwicklung oder Agent-Programmierung. Zusätzlich integriert EY KI in bestehende Soft-Skill-Trainings: KI-basierte Coaches simulieren realistische Business-Gespräche für Verhandlungs- oder Präsentationstraining.
EY-Mitarbeitende können 18 interne AI-Badges erwerben. Parallel bestehen Partnerschaften mit Microsoft, Nvidia und Databricks für externe Zertifizierungen – primär für Entwickler-Rollen relevant. Bei spezifischen Anforderungen können Professionals via Business-Case auch AWS-, IBM- oder Google-Cloud-Zertifizierungen beantragen. John betont: Die Infrastruktur verknüpft individuelle Karriereziele mit EY-strategischen Prioritäten.





