Wolters Kluwer akquiriert den 2023 gegründeten KI-Assistenten-Anbieter Libra für maximal 90 Millionen Euro – die Kombination aus juristischem Datenfundus und Workflow-Automatisierung soll acht Prozent Return generieren.
Der niederländische Informationsdienstleister Wolters Kluwer vollzieht eine strategische Legal-Tech-Akquisition: Libra Technology, ein Startup für KI-gestützte juristische Workflow-Automatisierung, wechselt den Eigentümer. Die Transaktionsstruktur sieht einen Earn-out vor – 30 Millionen Euro Sofortzahlung plus bis zu 60 Millionen Euro erfolgsabhängige Komponenten bei Meilenstein-Erreichung. Obwohl die deutsche Holding als formale Käuferin agiert, plant Wolters Kluwer eine länderübergreifende Integration. Der Abschluss steht in den kommenden Wochen bevor. Die Akquisition illustriert einen breiteren Markttrend: Legal Tech konsolidiert sich. Neben Libra operieren Harvey, Legora und Noxtua als prominente Player. Letzteres erregte kürzlich durch eine Finanzierungsrunde mit C.H. Beck, CMS und Dentons Aufmerksamkeit.
Dr. Bo Tranberg (Däne, Wissenschaftler) und Viktor von Essen (Ex-Freshfields-Anwalt) gründeten Libra 2023. Seit 2024 vermarktet das Unternehmen AI Workspaces – standardisiert oder customized – im SaaS-Modell für Kanzleien und Corporate Legal Departments. Use Cases: Vertragserstellung, Vertragsanalyse, Dokumentenzusammenfassungen. Die aktuelle Nutzerbase: 9.000 Personen aus 800 Organisationen. Der jährlich wiederkehrende Umsatz soll bis Jahresende fünf Millionen Euro erreichen. Das komplette 15-köpfige Team migriert zu Wolters Kluwer.
Wolters Kluwers Kalkül ist transparent: Der Konzern besitzt umfangreiche juristische Datenbanken, aber limitierte User-Interface-Innovation. Libra liefert die Automatisierungsschicht. Martin O'Malley, CEO Wolters Kluwer Legal & Regulatory, spricht von beschleunigter KI-Roadmap. In einer Mitteilung heißt es: "Das kombinierte Angebot setzt neue Maßstäbe für Genauigkeit, Compliance und Fachkompetenz." Viktor von Essen formuliert die Gegenrichtung: Libras Technologie erhält Zugang zu führenden juristischen Inhalten und kann dadurch das volle Potenzial des AI Assistenten in mehreren Ländern entfalten. Die finanzielle Erwartung: acht Prozent Kapitalrendite in drei bis fünf Jahren – deckungsgleich mit den gewichteten Kapitalkosten nach Steuern.





