Deloitte: Banken lassen 40 Milliarden Euro KI-Potenzial liegen

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November 14, 2025
14.11.2025
3 Minuten Lesezeit

Eine gemeinsame Studie mit der Heinrich-Heine-Universität zeigt systemisches Versagen bei der Skalierung – trotz 95 Prozent Verbreitung bleiben 20 bis 40 Milliarden Euro Profitabilitätspotenzial ungenutzt.

Pilotprojekte statt Profitabilität

Die Beratungsgesellschaft Deloitte hat gemeinsam mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 40 Banken analysiert, die ein Viertel der deutschen Bankbilanzsumme repräsentieren. Das Ergebnis offenbart eine fundamentale Diskrepanz: Fast alle Institute experimentieren mit Künstlicher Intelligenz, doch die versprochene Wertschöpfung bleibt aus. Konkret nutzen bereits 95 Prozent der Häuser KI-Technologie oder bereiten deren Einführung vor. Chatbots im Kundenservice, automatisierte Dokumentenanalyse und erste Versuche mit generativer KI sind Standard. Doch diese Aktivität täuscht: Die Banken stecken in einer endlosen Explorationsphase fest, ohne jemals zur industriellen Skalierung überzugehen. Das ökonomische Versagen ist quantifizierbar: Deloitte schätzt das theoretische Profitabilitätspotenzial auf 20 bis 40 Milliarden Euro im deutschen Markt. Realisiert wird davon bisher "nur ein Bruchteil" – eine bemerkenswert euphemistische Formulierung für systematisches Scheitern.

Strategielosigkeit als Grundproblem

Die Ursachenanalyse entlarvt strukturelle Defizite: 43 Prozent der Banken setzen KI ein, ohne diese strategisch zu verankern. Sie behandeln maschinelles Lernen als Werkzeug zur Effizienzsteigerung, nicht als Geschäftsmodell-Transformation. Ein Fünftel nutzt KI sogar hauptsächlich, um Personallücken zu kompensieren – Innovation sieht anders aus. Weitere Schwachstellen: Nur 15 Prozent haben KI vollständig in Governance und Organisation integriert. 83 Prozent operieren mit "provisorischen Infrastrukturen" – ein diplomatischer Begriff für zusammengewürfelte Lösungen ohne zukunftsfähige Architektur. Fast die Hälfte koordiniert KI-Initiativen lediglich punktuell. Besonders brisant: 58 Prozent scheitern bei der Skalierung an Talentengpässen, während nur 41 Prozent überhaupt erst beginnen, relevante Kompetenzen aufzubauen. Die Banken kämpfen mit selbstverschuldeten Ressourcen-Engpässen.

EU AI Act als externer Schock

Der europäische KI-Regulierungsrahmen verschärft die Lage zusätzlich. Banken müssen nun sämtliche KI-Systeme systematisch erfassen, nach Risiko klassifizieren und entsprechend absichern. Für 64 Prozent stellen technologische und regulatorische Anforderungen bereits heute die größten Herausforderungen dar – und der EU AI Act erhöht den Compliance-Druck weiter. Deloitte analysiert die Transformation entlang fünf Dimensionen: Strategie, Talente, Prozesse, Governance & Risikomanagement sowie Technologie & Daten. Die Handlungsempfehlungen sind eindeutig: Banken müssen von Pilotprojekten zur strategischen Verankerung übergehen, hybride Governance-Strukturen etablieren und KI ganzheitlich ins Geschäftsmodell integrieren. Wer heute nicht investiert, verliert nicht nur Effizienzgewinne – sondern mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Finanzmarkt.