Das Fremdbesitzverbot kostet den heimischen Rechtsmarkt internationale Wettbewerbsfähigkeit. Branchenvertreter sehen das britisches Modell als Lösung.
Kleine und mittelgroße Kanzleien stecken in der Zwickmühle: Digitalisierung, KI-Integration, steigende Nachwuchsgehälter und Nachfolgeplanung verlangen gleichzeitig Kapital. Private Equity könnte diese Engpässe auflösen, bleibt deutschen Häusern aber verwehrt. Alisha Andert, Vorstandsvorsitzende des Legal Tech Verbandes Deutschland, bringt es auf den Punkt: "Dort wo Innovation entsteht, da wird Kapital benötigt. Und das zieht auch Talente an." Während Großbritannien, die USA und andere Märkte längst Investorenbeteiligungen zulassen, blockiert Deutschland den Zugang durch das Fremdbesitzverbot, offiziell zum Schutz der Unabhängigkeit, faktisch zum Nachteil der Wettbewerbsfähigkeit.
Ex-Allen-&-Overy-Partner David Morley widerspricht im "The Non-Billable Podcast" dem Missverständnis, es gehe nur ums Geld. Private-Equity-Gesellschaften brächten ein "außergewöhnliches Netzwerk an Kontakten, Menschen und Ideen" mit. Ihre Mustererkennung aus anderen Sektoren kompensiere die Insellage des Rechtssektors. Der oft gefürchtete Wertschöpfungsplan bedeute in Wahrheit fokussierte Strategie und konsequente Umsetzung: "Sie bringen Disziplin, Fokus und Antrieb mit." Seine Warnung: "Selbst einer großen Kanzlei kann es passieren, dass sie eines Tages aufwacht und sich plötzlich mit einem Private-Equity-unterstützten Wettbewerber konfrontiert sieht, der tief in die Tasche greifen kann."
Christoph Schalast, Managing Partner der Kanzlei Schalast und Leiter der Taskforce "Fremdbesitz" im Bundesverband der Wirtschaftskanzleien, prognostiziert Standortverluste: "Wenn wir in Deutschland weiterhin so konservativ bleiben und nichts tun, werden Staaten wie Luxemburg oder Schweden das anwaltliche Berufsrecht zeitgemäß reformieren. Die Konsequenz: Innovative Anwaltskanzleien, die auf KI und Legal Tech setzen, werden sich dort ansiedeln." Legal-Tech-Unternehmen, die Rechtsdienstleistungen erbringen wollen, bleiben ausgebremst. Investoren weichen auf zugänglichere Märkte aus.
Schalast nennt das Fremdbesitzverbot "ein Relikt aus der Vergangenheit" und fordert eine kontrollierte Öffnung: "England hat es abgeschafft, dort funktioniert es gut. Amerikanische Bundesstaaten ziehen bereits nach." Seit 2011 erlauben Alternative Business Structures (ABS) in Großbritannien externe Investitionen. Die Solicitors Regulation Authority vergibt Lizenzen und kontrolliert ethische Standards. Deutschland öffnete 2022 die BRAO minimal. Kooperationen mit freien Berufen wie Ärzten sind möglich, Kapitalgeber bleiben ausgeschlossen. Der Legal Tech Verband unterstützt eine kontrollierte Öffnung mit Compliance-Regeln, die Einfluss auf Mandatsführung ausschließen. Andert empfiehlt eine unabhängige Kontrollbehörde als Schutzmechanismus.





