Ein wegweisendes Urteil zeigt: Wer nur Erträge kassiert, aber keine Verluste trägt, bleibt steuerlich außen vor.
Der Bundesfinanzhof zieht mit seinem Urteil vom 2. Juli 2025 (IV R 36/22) eine klare Linie: Mitunternehmer im Sinne des § 15 EStG wird nur, wer beide Voraussetzungen erfüllt: Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko. Fehlt eine der beiden Säulen, scheitert die steuerliche Anerkennung. Für Nießbrauchsgestaltungen an Personengesellschaftsanteilen bedeutet das: Das bloße Fruchtziehungsrecht genügt nicht.
Das Gericht argumentiert systematisch: Ein Nießbraucher nach gesetzlichem Leitbild partizipiert ausschließlich am entnahmefähigen Ertrag. Stille Reserven? Bleiben beim Gesellschafter. Verlustbeteiligung? Existiert nicht. Genau hier setzt der BFH an: Ohne Teilhabe an stillen Reserven und ohne unmittelbare Verlustexposition fehlt das erforderliche Mitunternehmerrisiko.
Auch der Einwand, Verluste wirkten sich mittelbar aus – etwa wenn der Kapitalanteil unter die Pflichteinlage sinkt und Entnahmen blockiert werden –, überzeugt die Richter nicht. Diese indirekte Betroffenheit reiche nicht aus, um ein echtes unternehmerisches Risiko zu begründen. Anders liegt der Fall nur bei atypischen Gestaltungen, die dem Nießbraucher tatsächlich Verlustrisiken aufbürden und sein Vermögen belasten können.
Die zweite Voraussetzung verlangt aktive Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen. Gemeint sind Befugnisse, wie sie Geschäftsführern, Prokuristen oder leitenden Angestellten zustehen. Das Mitunternehmerrisiko manifestiert sich klassischerweise durch Beteiligung an Gewinn, Verlust und stillen Reserven einschließlich Geschäftswert. Beide Merkmale können unterschiedlich stark ausgeprägt sein – vollständig fehlen darf keines.
Die praktische Konsequenz: Qualifiziert der Nießbraucher nicht als Mitunternehmer, werden ihm zufließende Gewinne steuerlich dem belasteten Gesellschafter zugerechnet. Eine Frage ließ der BFH bewusst offen: Ob Anteilsübertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt generell als entgeltlich einzustufen sind, wenn der Nießbrauch keine Mitunternehmerstellung vermittelt, bleibt ungeklärt.





