PwC wächst stärker als Deloitte – Marktführer baut Vorsprung aus

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November 19, 2025
19.11.2025
4 Minuten Lesezeit

Während PwC die Gesamtleistung um 7,2 Prozent steigert, kommt Deloitte nur noch auf 4,8 Prozent Wachstum bei 2,71 Milliarden Euro – CEO Krug lehnt Private-Equity-Kapital ab und setzt auf 200 produktive KI-Agenten.

Marktführer zieht davon, Verfolger verliert Tempo

Der deutsche Big-Four-Markt zeigt divergierende Dynamiken: PricewaterhouseCoopers steigerte die Gesamtleistung im abgelaufenen Geschäftsjahr um 7,2 Prozent. Deloitte hingegen verlangsamte sich auf 4,8 Prozent Zuwachs bei 2,71 Milliarden Euro Gesamtumsatz – nach mehreren Jahren zweistelliger Expansion ein markanter Bruch. CEO Volker Krug präsentierte die Bilanz am Dienstag in Frankfurt mit dem Adjektiv "robust". EY und KPMG haben ihre Zahlen noch nicht kommuniziert.

Audit-Sparte profitiert von Großmandaten-Rotation

Ein Bereich sticht bei Deloitte heraus: Die Wirtschaftsprüfung expandierte zweistellig um 11,3 Prozent auf 718 Millionen Euro. Drei bedeutende Mandate – BASF, Infineon, RWE – generierten ihre ersten vollen Jahresumsätze. Im DAX prüft Deloitte nun neun Unternehmen, nur PwC liegt vor dem Unternehmen. Weitere Akquisitionen: Cewe-Stiftung, RAG-Stiftung, perspektivisch Uniper sowie ab 2026 die Provinzial Versicherungsgruppe mit 6,7 Milliarden Euro Beitragseinnahmen – Rang zehn im deutschen Versicherungsmarkt. Krug artikuliert klare Ambitionen für Versicherungs-Prüfungen. Cybersecurity-Beratung, Digital Services, Compliance und Nachhaltigkeitsreporting-Prüfung wuchsen ebenfalls stark.

Steuerberatung schwächelt, M&A-Advisory stagniert

Die Steuer- und Rechtsberatung enttäuschte: 3,9 Prozent Zuwachs auf 404 Millionen Euro, im Vorjahr war diese Sparte noch Wachstumsmotor. Krug hebt "Tax Technology Consulting" hervor – die Fusion strategischer Beratung mit KI-Lösungen zeige Potenzial. Steuerberatung eigne sich durch repetitive Workflows ideal für Automatisierung. Positiv entwickelten sich Cross-Border-Themen (Zölle, Verrechnungspreise) sowie "Tax Operate", bei dem Klienten ihre komplette Steuerfunktion auslagern. Financial Advisory bleibt nahezu unverändert: 1,6 Prozent auf 300 Millionen Euro. M&A Transaction Services wuchsen trotz einbrechender Deal-Aktivität, Restrukturierung war stark nachgefragt.

Consulting erreicht PwC-Niveau

Die Beratungssparte legte 2,4 Prozent zu auf knapp 1,3 Milliarden Euro. Inklusive Financial Advisory erreicht Deloitte 1,58 Milliarden Euro – praktisch identisch mit PwCs' 1,6 Milliarden Euro (inklusive nicht-bilanzierter Positionen). Große digitale Transformationsprojekte mit KI-Schwerpunkt dominierten, vor allem im zweiten Halbjahr.

KI-Offensive: 200 Agenten aktiv, 900 in Pipeline

Krug diagnostiziert fundamentale Branchenveränderung durch Künstliche Intelligenz. Deloitte plant global drei Milliarden Euro KI-Investment bis 2030. Deutschland investierte im Geschäftsjahr 25 Millionen Euro in Technologie und Personalentwicklung. Über die Hälfte aller Consulting-Projekte integrieren KI. Deloitte nutzt proprietäre Plattformen: Ascend (Transformationen), Omnia (Prüfungen). Aktueller Status: 200 KI-Agenten operativ, 900 weitere in Entwicklung. Die Zora-AI-Perform-Plattform soll Produktivität steigern. Krug relativiert jedoch: "Ich sehe nicht, dass der virtuelle Mitarbeiter den menschlichen Mitarbeiter ersetzt."

Private-Equity-Ablehnung trotz Branchentrend

Während Grant Thornton Cinven und WTS die schwedische EQT integrierten, lehnt Deloitte Finanzinvestoren ab. Krug: "Für den ein oder anderen Mitbewerber mag das passend sein, unsere Partnerschaft lehnt das ab. Wir können unsere Investitionen selbst stemmen." Konkurrenznachteile sieht er nicht: "Wir haben eine große Anziehungskraft, auch bei Senior Hires." Die Zahlen: 220.000 Bewerbungen, 2.800 Neueinstellungen, durchschnittlich 14.000 Beschäftigte.