Der Wechsel von PwC-Geschäftsführer Viebrock zu WTS zeigt eine fundamentale Verschiebung: Private-Equity-finanzierte Gesellschaften locken mit Equity-Beteiligungen und modernen Vergütungsmodellen Top-Talente von den Big Four ab – Grant Thornton und das Hohenlohe-Startup folgen diesem Trend.
Björn Viebrock, 49, PwC-Geschäftsführer und Tax-&-Legal-Chef, wechselt zu WTS – einer Gesellschaft mit etwa zehn Prozent des PwC-Umsatzes. Traditionell galt solch ein Move als Abstieg. Top-Berater aus den Big Four wechselten entweder in Konzern-C-Suites oder blieben bis zur Pensionierung. Diese Logik erodiert. Viebrock repräsentiert eine neue Generation, die PE-finanzierte Herausforderer als attraktive Alternative betrachtet. Der Grund: Kapitalstruktur schafft neue Anreiz-Architekturen.
WTS holte vor gut einem Jahr EQT als Investor mit expliziter Ambition: Europäischer Champion werden. Das schwedische PE-Haus investiert nicht nur in Technologie – die KI-Plattform Plaiground – sondern primär in Talentakquisition. PE-Strukturen erlauben Vergütungsmodelle, die klassische Partnerschaften nicht bieten: Equity-Partizipation ohne jahrzehntelange Partner-Track-Durststrecke, Exit-Optionen bei Fonds-Liquidationen, höhere Fixgehälter durch Kapitalpuffer. Für ambitionierte Partner bedeutet dies: Upside-Potenzial ohne langwierige Konsensprozesse. Vor Viebrock wechselten bereits Baker-McKenzie-Equity-Partner Thomas Schänzle und Florian Gimmler mit Team zu WTS. Dennis Salomon, zuvor Global Customs-&-Excise-Chef bei Continental, folgte. Drei hochkarätige Transfers binnen Monaten – finanziert durch PE-Kapital.
Grant Thornton Deutschland schließt im Frühjahr den Cinven-Deal ab. CEO Heike Wieland-Blöse formulierte Wachstumsambitionen via Zukäufe. Auch hier: PE-Kapital als Enabler. Parallel gründete Prinz Franz zu Hohenlohe – ehemals WTS-Vorstand – The Makery mit PE-Backing und ehemaligen Big-Four-Partnern. Fokus: KI und digitale Tools. Wieder dasselbe Muster: Finanzinvestoren ermöglichen Gründungen durch erfahrene Berater.
Die strategische Frage für PwC, Deloitte, EY und KPMG: Wie konkurriert man mit Wettbewerbern, die systematisch höhere Vergütung, schnellere Karrierepfade und modernere Technologie bieten? Das "Wir sind Big Four"-Narrativ funktioniert nicht mehr, wenn PE-finanzierte Alternativen vergleichbare Mandate, bessere Konditionen und weniger Bürokratie versprechen. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob dies temporäre Disruption oder permanente Machtverschiebung ist. Eines ist klar: Das Fremdbesitzverbot wird durch europarechtliche Konstruktionen systematisch umgangen. Die Big Four stehen vor ihrer größten strukturellen Herausforderung seit Jahrzehnten.





