Ab Juni 2026 greifen EU-Berichtspflichten zur Vergütungsoffenlegung, doch viele deutsche Arbeitgeber sind unvorbereitet, wie eine Willis Towers Watson-Studie zeigt.
Ab Juni 2026 greift die EU-Richtlinie zur Vergütungstransparenz mit Berichtspflichten und Sanktionen. Eine Erhebung des Beratungsunternehmens Willis Towers Watson (WTW) unter rund 140 Organisationen mit 5,7 Millionen Beschäftigten zeigt: 40 Prozent sind unvorbereitet. Florian Frank, Managing Director bei WTW Deutschland, identifiziert drei Risikogruppen: Investmentbanken und Vermögensverwaltungen mit ermessensbasierten Bonussystemen, familiengeführte Mittelständler mit eigentümerbasierter Gehaltsfindung sowie dezentral organisierte Unternehmen ohne einheitliche Datengrundlage.
Henrike von Platen leitet das Berliner Fair Pay Innovation Lab (FPI), das Arbeitgeber für faire Bezahlung zertifiziert. Von 100 zertifizierten deutschen Unternehmen genügen lediglich 13 den höchsten Transparenzstandards. Von Platen bestätigt: „Deutsche Arbeitgeber sind sich nicht sicher, wie viel sie in Sachen Vergütung offenlegen wollen oder müssen."
Die WTW-Studie quantifiziert zentrale Bedenken:
Konflikteskalation: 81 Prozent befürchten vermehrte Gehaltsverhandlungen nach Offenlegung – 14 Prozentpunkte über dem europäischen Durchschnitt.
Kostenexplosion: 47 Prozent erwarten außerplanmäßige Gehaltserhöhungen (Europa: 42 Prozent). Von Platen beziffert typische Mehrkosten auf ein bis zwei Prozent der jährlichen Lohnkosten.
Führungsinkompetenz: „Führungskräfte setzen sich nur ungern mit Gehalts- oder Leistungskommunikation auseinander", so Frank. Ein Drittel schult Manager in Lohnlückenmechanismen und Auskunftsrechten.
Frank und von Platen mahnen: „Es bleibt nicht mehr viel Zeit." Erforderlich sind: Eine Erstanalyse zur Lohngleichheit, die Entwicklung eines Rahmenwerks zur fairen Stellenbewertung und der Aufbau geschlechtsneutraler Vergütungsstrukturen mit voller Transparenz.





