Bayreuther Ökonomen weisen einen statistischen Zusammenhang zwischen Beratung und defizitärer Abschlussprüfung nach, jedoch ohne Kausalität zu belegen.
Die Frage, ob umfangreiche Beratungsaktivitäten die Prüfungsqualität von Wirtschaftsprüfern kompromittieren, erhält durch eine Untersuchung der Universität Bayreuth neue Brisanz. Lena Riedl und Sven Hörner analysierten über 12.000 Transparenzberichte europäischer Prüfungsgesellschaften aus den Jahren 2017 bis 2022 und stellten eine negative Korrelation zwischen Nicht-Prüfungsleistungen und Audit Quality fest. Die Datengrundlage umfasste Wirtschaftsprüfer aus der EU, Großbritannien, der Schweiz, Norwegen und Island. Als Qualitätsindikatoren dienten diskretionäre Periodenabgrenzungen, abnormale Working-Capital-Abgrenzungen und nachträgliche Bilanzkorrekturen. Das zentrale Ergebnis: Steigt der Beratungsanteil am Gesamtumsatz um 10 Prozentpunkte, erhöht sich auch die Fehlerwahrscheinlichkeit um circa 10 Prozent. Besonders auffällig wirken sich Honorare aus Mandaten aus, bei denen keine parallele Prüfungstätigkeit besteht.
"Es könnte ein Problem sein, wenn sich die Kultur im Unternehmen so entwickelt, dass man sich eher als Berater oder als kommerzieller Dienstleister sieht und nicht mehr als Prüfer mit der nötigen Skepsis", erläutert Hörner die Hypothese. Ein dominanter Beratungsfokus könnte Ressourcenallokation und Rekrutierung zugunsten kommerzieller Dienstleistungen verschieben und professionelle Skepsis als Kernkompetenz der Prüfung untergraben. Bemerkenswert: Für Beratungsleistungen an bestehenden Prüfungsmandanten, die nach Abschlussprüferreform 2016 und Finanzstabilitätsgesetz 2021 stark reguliert sind, ließ sich kein signifikanter Qualitätsverlust nachweisen. Riedl führt dies auf strenge Regulierung und mögliche Synergieeffekte durch Wissenstransfer zurück.
Die Wissenschaftler betonen explizit, keine Kausalität, sondern lediglich statistische Assoziation nachgewiesen zu haben. Dennoch empfehlen sie Aufsichtsräten und Prüfungsausschüssen, Honorarstrukturen in Auswahlprozessen zu berücksichtigen. Bei Big Four und Next Seven liegt der Nicht-Prüfungsanteil zwischen 70 und 85 Prozent, Interdisziplinarität ist Geschäftsmodell der Branche. Die Transparenzberichte liefern nach Ansicht der Forscher verwertbare Informationen zur Risikoabschätzung, auch ohne kausale Gewissheit über den Wirkungsmechanismus.





