Eine KPMG-Studie zeigt, dass 58 Prozent der deutschen Unternehmen sich stark von geopolitischen Risiken betroffen sehen, doch nur jedes vierte verfügt über strukturiertes Risikomanagement.
Geopolitische Verwerfungen treffen deutsche Unternehmen mit zunehmender Wucht. Dennoch fehlen in den meisten Organisationen feste Routinen, klare Zuständigkeiten und belastbare Abläufe. Die Studie „Navigating Geopolitics" von KPMG in Deutschland, die 349 Entscheider aus zwölf Branchen erfasst, dokumentiert ein systematisches Versagen: Nur 25 Prozent steuern Risiken strukturiert und vorausschauend. Weniger als ein Drittel der befragten Unternehmen hat geopolitische Szenarien definiert. Lediglich rund ein Drittel verfügt über Notfallpläne, Cybersicherheits- und physische Schutzmaßnahmen oder redundante Lieferketten. „Im Umgang mit geostrategischen Entwicklungen fehlen in vielen Unternehmen feste Routinen, klare Zuständigkeiten und belastbare Abläufe. Dadurch reagieren sie häufig erst, wenn Risiken bereits in den Geschäftsbetrieb durchschlagen", analysiert Dr. Benedikt Herles, Director und Co-Lead Geopolitics & Defence Kompetenzzentrum sowie Leiter Country Practice Afrika bei KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Die Risikolandschaft hat sich fundamental verbreitert. An der Spitze stehen Cyberrisiken mit 68 Prozent Nennung, gefolgt von Sanktionsregimen und Exportkontrollen (67 Prozent) sowie Energiepolitik und Rohstoffsicherung (66 Prozent). Handelskonflikte belasten 65 Prozent der befragten Unternehmen. Trotz dieser Dynamik fehlen fortlaufende Analysezyklen: Nur neun Prozent führen kontinuierliche Bewertungen durch. 43 Prozent prüfen ihre Exponierung lediglich einmal jährlich oder seltener – eine Frequenz, die der aktuellen Geschwindigkeit geopolitischer Verwerfungen nicht gerecht wird.
Die Betroffenheit variiert deutlich nach Sektoren. Die Automobilindustrie führt mit 77 Prozent, gefolgt von der Chemiebranche (70 Prozent), der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (67 Prozent) sowie Gesundheitswesen und Pharma (63 Prozent). Telekommunikation und digitale Infrastruktur (44 Prozent), Bauwirtschaft und Infrastruktur (43 Prozent) sowie Transport und Logistik (43 Prozent) sehen sich weniger stark betroffen. Eine klare Korrelation zwischen wahrgenommener Betroffenheit und Reifegrad des Risikomanagements besteht nicht. Die KPMG-Analyse dokumentiert, dass vermeintlich weniger exponierte Unternehmen aus Transport und Logistik häufiger über strukturiertes Risikomanagement verfügen als stärker betroffene Firmen aus Gesundheitswesen und Pharma.





