KI ersetzt nicht alles: Führungskompetenz als neuer Karriere-Joker

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December 1, 2025
02.12.2025
3 Minuten Lesezeit

Während Unternehmen massiv in Automatisierung investieren, bleiben menschliche Aufsicht und strategisches Urteilsvermögen die entscheidenden Erfolgsfaktoren für Nachwuchskräfte.

Automatisierungsrisiko neu bewertet

Aktuelle Studien von IWF, OECD und Weltbank zeichnen ein differenzierteres Bild der KI-Bedrohung als bisher angenommen. Die taskbasierte Analyse der Internationalen Arbeitsorganisation zeigt: Vollständige Jobautomatisierung bleibt die Ausnahme. James Ransom, Forschungsstipendiat am University College London, verdeutlicht dies am Beispiel eines leitenden Buchhalters: „Wenn man sich diese Indizes anschaut, könnte man sagen: ‚Okay, hier gibt es einen Job, einen leitenden Buchhalter, bei dem acht von neun Aufgaben potenziell gefährdet sind'. Wenn man jedoch genauer hinsieht, stellt man fest, dass die neunte Aufgabe, die nicht gefährdet ist, die Leitung eines Teams und die Qualitätskontrolle ist. Das ist ziemlich unverzichtbar, was also nicht bedeutet, dass diese Aufgabe unbedingt gefährdet ist." Diese Erkenntnis verschiebt den Fokus von der Jobsicherheit auf die strategische Positionierung innerhalb unverzichtbarer Aufgabenbereiche.

Produktivitätsdividende als Karrierechance

Die derzeitige „Augmentierungs"-Phase bietet Nachwuchskräften einen zeitlich begrenzten Wettbewerbsvorteil. „Ich glaube, dass es kurzfristig eine potenzielle Produktivitätsdividende oder einen Geldsegen gibt, den man nutzen sollte", erklärt Ransom. Unternehmen suchen händeringend nach Mitarbeitern mit fundierter LLM-Expertise. Der Schlüssel liegt in messbaren KI-Kompetenzen: „In einem typischen Unternehmen gibt es keine Mitarbeiter, die wissen, was ein LLM (Large Language Model) ist, was seine Stärken und Grenzen sind", so Ransom. Entscheidend sind dokumentierte Erfolge bei Zeitersparnis, Genauigkeit und reproduzierbare Playbooks.

Human-in-the-Loop als Übergangsmodell

Ransom prognostiziert eine drei- bis fünfjährige Übergangsphase, in der Menschen KI kontrollieren und anleiten. Parallel zum historischen Geldautomaten-Zyklus im Bankensektor stellen Unternehmen zunächst mehr Personal ein, bevor technologische Reife zu Personalabbau führt. „Um sich selbst zu schützen, muss man die Dinge tun, die die KI nicht kann", betont Ransom. „Vor allem Dinge, die Interaktion, soziale Fähigkeiten, Führungsqualitäten, Überblick über Dinge und die Fähigkeit, KI zur Lösung von Problemen einzusetzen, erfordern."

Strategische Empfehlung für Berufseinsteiger

Statt prestigeträchtiger Titel sollten sich Nachwuchskräfte auf unverzichtbare Kernaufgaben konzentrieren: menschliches Urteilsvermögen, Aufsicht und soziale Kompetenzen. Die Fähigkeit, KI effektiv zu überwachen und zu skalieren, wird zum entscheidenden Differenzierungsmerkmal. Ransom warnt vor überzogenen Erwartungen: „Ich glaube nicht, dass wir auf eine technologische Utopie zusteuern, in der alle glücklich und zufrieden leben. Ich glaube auch nicht, dass wir auf eine unmittelbare Superintelligenz zusteuern." Die Transformation erfolgt branchenspezifisch und regional unterschiedlich – was strategische Flexibilität erfordert.