Mozillas neuer CEO Anthony Enzor-DeMeo will Firefox mit lokaler AI-Verarbeitung differenzieren, während 90 Prozent der Erlöse am kartellrechtlich gefährdeten Google-Deal hängen.
Mozilla Corporation vollzieht einen Führungswechsel: Anthony Enzor-DeMeo steigt zum Chief Executive Officer auf, Ajit Varma leitet künftig Firefox. Die Reorganisation erfolgt vor dem Hintergrund divergierender Entwicklungen, während die mobile Nutzerbasis in zwei Jahren zweistellig expandierte (aktuell plus 13 Prozent), dümpelt der Desktop-Anteil global bei 3 bis 4 Prozent. Enzor-DeMeo sammelte Produkterfahrung als Chief Product and Technology Officer bei Roofstock sowie in Führungspositionen bei Better und Wayfair. Varma kommt von Meta, wo er für WhatsApp-Monetarisierung zuständig war. Seine Laufbahn umfasst Stationen bei Google und Square; sein Start-up Adku wurde von Groupon akquiriert.
Mozilla setzt auf datenschutzzentrierte KI-Integration als Abgrenzung. Das iOS-Feature "Shake to Summarize" erstellt Webinhalts-Komprimierungen durch geräteinterne Verarbeitung, Cloud-Infrastruktur bleibt außen vor. Das AI Window bietet Nutzern freie Modellwahl bei sämtlichen Features, die Offenheit, Transparenz und Nutzerkontrolle garantieren: Kernprinzipien des Mozilla-Manifests. Enzor-DeMeo positioniert Browser als kommende Hauptkampfzone: „Der Browser ist der nächste hart umkämpfte Bereich in der KI. Hier findet das digitale Leben der Menschen statt und hier werden die zentralen Fragen der nächsten Ära zu Vertrauen, Datennutzung und Transparenz entschieden. Menschen wollen Software, die modern und hilfreich ist, aber auch ehrlich darin, was sie tut."
Das strukturelle Dilemma intensiviert sich: Mozilla bezieht 80 bis 90 Prozent seiner Erlöse aus Suchmaschinen-Kooperationen, primär mit Google. CFO Eric Muhlheim warnte im laufenden US-Kartellverfahren gegen Google vor existenzieller Gefährdung unabhängiger Browser bei Verbot solcher Arrangements. Enzor-DeMeo erwähnte gegenüber Axios fehlende Kapazitäten für proprietäre Suchinfrastruktur. Die kommunizierte Drei-Jahres-Strategie zur Portfolio-Diversifikation bleibt abstrakt, konkrete Alternativ-Erlösströme werden nicht benannt. Mozilla-Präsident Mark Surman hebt globale Reichweite, technische Glaubwürdigkeit und langjährige Unabhängigkeit als Differenzierer hervor: „Kein anderes Consumer-Tech-Unternehmen vereint die globale Reichweite, technische Glaubwürdigkeit und langjährige Unabhängigkeit von Mozilla. Anthony weiß, dass Vertrauen mehr ist als ein Markenversprechen – es wird dadurch verdient, wie Produkte gebaut werden, wie mit Daten umgegangen wird und wie klar Nutzerinnen und Nutzer verstehen, was passiert." Begleitend ernennt Mozilla John Solomon zum Chief Marketing Officer (Vorerfahrung bei Therabody, Apple, Beats). Laura Chambers, zwei Jahre lang Interims-CEO, wechselt zurück ins Board of Directors.
Das zentrale Paradox bleibt ungelöst: Wie soll Firefox aus minimalem Desktop-Marktanteil Momentum generieren, während die Finanzierungsbasis auf einem kartellrechtlich vulnerablen Arrangement mit dem dominanten Wettbewerber ruht? Die KI-Initiative adressiert Produktpositionierung, nicht Geschäftsmodell-Nachhaltigkeit.





