Wirecard-Urteil: BGH verhindert Milliarden-Umverteilung zugunsten von Aktionären

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November 14, 2025
14.11.2025
2 Minuten Lesezeit

Karlsruhe kippt OLG-Entscheidung und bestätigt Nachrangigkeit von Aktionären in der Insolvenz – Nikolaus sieht Fremdfinanzierung in Deutschland vor massiven Kostensteigerungen bewahrt.

8,5 Milliarden Euro standen auf dem Spiel

Ein Präzedenzfall für Deutschlands Kapitalmarkt ist vom Tisch: Der Bundesgerichtshof hat am Mittwoch entschieden, dass Wirecard-Aktionäre auch in der Insolvenz nachrangig bleiben – hinter Banken, Lieferanten, Mitarbeitern und allen anderen regulären Gläubigern. Die Klage von Union Investment scheiterte. Der Hintergrund: Union Investment hatte zwischen 2015 und Juni 2020 im Namen institutioneller Anleger Wirecard-Aktien erworben, die nach der Insolvenz des Zahlungsdienstleisters wertlos wurden. Der Asset Manager versuchte, diese Verluste als gleichrangige Forderung in der Insolvenztabelle anzumelden – gemeinsam mit rund 50.000 weiteren Aktionären, die insgesamt 8,5 Milliarden Euro geltend machen.

Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé und Frank Nikolaus, Gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger, wehrten sich. In erster Instanz bekamen sie Recht. Das OLG München kippte diese Entscheidung jedoch überraschend und hätte Aktionäre mit einfachen Gläubigern gleichgestellt – eine Revolution im deutschen Insolvenzrecht.

Nikolaus: „Spekulanten dürfen Gläubiger nicht verwässern"

Der BGH stellt nun die alte Ordnung wieder her. Aktionärsansprüche rangieren wie bisher am Ende der Kette, erst wenn alle anderen Forderungen bedient sind. Frank Nikolaus begrüßt das Urteil deutlich: „Als Geschäftsführer des beklagten gemeinsam Vertreters der Anleihegläubiger begrüße ich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, weil die Ansprüche von regulären Insolvenzgläubigern aus erbrachter Liquidität, Dienstleistungen oder Lieferungen nicht durch Spekulanten verwässert werden dürfen."

Seine Argumentation geht über den konkreten Fall hinaus: Hätte das OLG-Urteil Bestand gehabt, wären die Finanzierungskosten für deutsche Unternehmen drastisch gestiegen. Fremdkapitalgeber hätten das erhöhte Risiko – bei Insolvenz noch weniger zu erhalten als ohnehin – entweder mit deutlich höheren Zinsen eingepreist oder sich komplett zurückgezogen. „Über den Gläubigerschutz hinaus untermauert die Entscheidung auch die Bedeutung, den Stellenwert und die Verlässlichkeit verbriefter Gläubigeransprüche bei Unternehmensanleihen als Treiber zur Finanzierung von Investitionen und Wirtschaftswachstum", fasst Nikolaus zusammen. Die Entscheidung sichert damit nicht nur die Position der Wirecard-Anleihegläubiger, sondern stabilisiert grundsätzlich die Fremdfinanzierung in Deutschland.