Aleph Alpha: Schwarz-Gruppe übernimmt das Ruder

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December 8, 2025
09.12.2025
3 Minuten Lesezeit

Deutschlands prominentestes KI-Start-up steht vor einem radikalen Umbau, mit Massenabgängen, neuer Strategie und wachsendem Investoreneinfluss.

Führungswechsel mit Folgen

Jonas Andrulis prägte Aleph Alpha wie kein Zweiter. Doch bereits im Oktober verlor der Mitgründer seinen CEO-Posten, ab Januar soll er lediglich den Gesellschafter-Beirat leiten Am Ruder stehen nun zwei Manager mit Schwarz-Gruppe-DNA: Reto Spörri, zuvor bei Lidl E-Commerce, als CEO. Ilhan Scheer, ab Januar Co-Chef, als operative Antriebskraft. Intern polarisiert Scheer, manche sprechen vom „Schreckensherrscher", andere loben überfällige Konsequenz.

Jeder zehnte Mitarbeiter geht

Die Neuausrichtung fordert Tribut. Nach Handelsblatt-Recherchen haben über drei Dutzend Beschäftigte das Unternehmen verlassen, Schätzungen reichen bis zu 100 Abgängen. Betroffen sind Führungskräfte, Produktentwicklung, Vertrieb. Ein Insider berichtet: Im internen Chat auf Mattermost verabschiede sich täglich jemand. Aleph Alpha bestätigt Bewegung, nennt aber keine Zahlen: „Einige Mitarbeitende haben das Unternehmen verlassen, andere kommen hinzu."

Neue Prioritäten: Staat statt Industrie

Der strategische Kurs verschiebt sich. Künftig sollen Verwaltung und Verteidigung im Zentrum stehen: eine Art Edelberatung für den öffentlichen Sektor. Die Rückkehr zur Entwicklung großer Sprachmodelle, unterstützt durch Fördermittel, ist im Gespräch. Die bisherigen Schwerpunkte Industrie, Mobilität und Finanzen verlieren dagegen an Bedeutung. Selbst Bosch, einer der Ankerinvestoren, setzt inzwischen auf OpenAI statt Aleph Alpha, der interne Chatbot AskBosch läuft bereits mit US-Technologie.

Schwarz verhandelt über Bosch-Anteile

Die Machtverhältnisse verschieben sich weiter. Schwarz-Digits-Co-Chef Rolf Schumann sitzt mittlerweile im Beirat. Nach Handelsblatt-Informationen verhandelt die Gruppe über eine Übernahme der Bosch-Beteiligung. Kombiniert mit Christ Capital könnte Schwarz damit die Mehrheit der Series-B-Vorzugsaktien kontrollieren und weitreichende Entscheidungsrechte bei künftigen Finanzierungsrunden sichern. Die Verhandlungen könnten bis Monatsende abgeschlossen sein. Alle Beteiligten schweigen zu „Spekulationen".

Letzte Chance für den KI-Hoffnungsträger

Bei der Finanzierungsrunde im November 2023 kam Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck persönlich. Seitdem: Kapitalmangel, Kommunikationsfehler, diffuse Produktstrategie. Der Vorsprung ist verspielt. Ob der radikale Umbau Aleph Alpha rettet, ist offen. Einig sind sich Kritiker wie Befürworter in einem Punkt: Ein Einschnitt war alternativlos.